Fern-Kauf ganz ohne Risiko? – Zivilrecht

Artikel April 2025

Also mal eins gleich vorweg: Forderungen verjähren nach 3 Jahren. Ansprüche aus dem gesamten Jahr 2022 gehen also erst Ende Dezember 2025 unter. Und dann ist manchmal das Gericht nicht so fix. Und die Klage wird mal erst im März 2026 zugestellt. Das reicht dann immer noch! Ordnung ist schon ganz gut. Aber NIEMALS Belege vor der Zeit in den Müll. Sonst gilt was immer gilt – wer sich in Gefahr begibt, kommt in Gefahr darin auch umzukommen. Zumindest im übertragenen. Aber das reicht ja meist.

Auf solch Ordnungsliebe hatte wohl auch H oder dessen Anwalt gesetzt. Leider zu Recht. Frau F hatte überhaupt keine Unterlagen mehr. Ja, es gab mal diese komische Heizölbestellung im Jahr 2021. Da gab‘s auch Schreiberei. Aber dann war ja nichts mehr passiert. Da hatte sie reinen Tisch gemacht. Alles durch den Schredder. Und nun war der Tisch wieder voll. Die Klage stammte vom 20. Dezember 2024. Zugestellt vom Amtsgericht Nordhausen am 23. Januar 2025. Alles noch fristgemäß.

Für H´s Anwalt ist die Sache eindeutig. F hatte über ein bekanntes Portal im Internet Heizöl bestellt. Dabei habe sie den Geschäftsbedingungen (AGB) zugestimmt. Ohne diese Bestätigung wäre die Bestellung im Portal nicht möglich gewesen. In den AGB steht: Kommt es zum Widerruf der Bestellung, entsteht eine Stornogebühr. F hatte die Bestellung storniert. Also hat H Anspruch auf die Stornogebühr.

So nicht, denkt sich F und ihr Anwalt legt los. Der bestreitet die Zuständigkeit. F wohnt nicht im Gerichtsbezirk Nordhausen. Zuständig ist das AG Sondershausen. Dann soll sich der Anspruch ja aus den AGB von H ergeben. Mit H ist zwar ein Vertrag entstanden, aber nicht mit diesen AGB. Die Abwicklung war erfolgt über das Internetportal. Dort war H der günstigste Lieferant. Für diesen hatte sich F entschieden. Alles richtig soweit. F´s Anwalt hatte den Bestellvorgang im Internetportal geprüft. Auf der Portalseite wurde nur verwiesen auf die AGB des Portalbetreibers. Dieser erklärte, dass er nur Vermittler sei. Grundsätzlich aber: „Für Heizöl gilt, dass der Widerruf nach § 312 g Abs. 2 Nr. 8 BGB ausgeschlossen ist, da der Preis der Ware von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer (Verkäufer) keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können.“

In den AGB von H ist der Wortlaut ähnlich. Dort steht sogar fett gedruckt „Kein Widerrufsrecht beim Kauf von Heizöl und Pellets“. Verträge sind einzuhalten. Wenn man etwas vereinbart, ist man daran gebunden, auch wenn es einem später nicht mehr gefällt. Das ist die Argumentation von H. Und natürlich hat H auch ein wirtschaftliches Problem bei widerrufenen Verträgen. Er ordert aufgrund der Kundenbestellungen das Öl bei seinem Zwischenhändler zum geltenden Tagespreis. Er ist kein Verbraucher. Er kann Verträge nicht widerrufen. Er muss das von ihm eingekaufte Öl an den Mann bringen. Auch wenn der Preis inzwischen gefallen ist.

Aber genau das hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2015 entschieden. Und weil es der Anwalt von H unterschlägt, weist der Anwalt von F hierauf hin. Für Sie zum Mitschreiben – die Entscheidung ist vom 17. Juni 2015 und das Az. lautet VIII ZR 249/14. Wörtlich heißt es dort: „Zwar ermöglicht das Widerrufsrecht dem Verbraucher, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, wenn der Heizölpreis innerhalb der Widerrufsfrist fällt. Diese Risikoverteilung ist jedoch im Gesetz angelegt und deshalb hinzunehmen.“

Bei den ABG des Internetportals, als auch von H handelt es sich um überraschende Klauseln. F hatte ein Widerrufsrecht. Ein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen kann weder mit einer Stornogebühr gekoppelt, noch ausgeschlossen werden, wenn das Gesetz dies ausbedingt.

Am 25. März 2025 heißt es nun von H´s Seite: „Aufgrund des geringen Streitwertes und des zu erwartenden Aufwandes hinsichtlich eines zeit- und kostenintensiven Rechtsstreits wird die Klage hiermit zurückgenommen.“ Am 31. März 2025 entschied das AG Sondershausen zum Az. 4 C 51/25, dass H die Kosten des Rechtsstreits trägt. Der Streitwert wird auf 119 € festgesetzt. Denn hierum ging es. Von Anfang an.

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