Artikel September 2024
Birke. Ahorn. Buche. Alles schöne Bäume. In Nachbars Garten aber ganz schnell ein Reizthema. Und an der Grundstücksgrenze erst recht. Die ganze Zeit die kleinen Sämlinge. Und die Blätter. Und die Wurzeln.
Zu Anfang sind die lieben Kleinen ja noch nett und ansehnlich. Und wachsen nur ganz langsam. Aber irgendwann kann man nichts mehr machen. Gegen den Baum oder die Hecke. Die bleiben dann einfach dort stehen, auch wenn sie irgendwann riesengroß sind. Und das Nachbarschaftsgesetz? Das legt doch Grenzabstände fest. Natürlich. Aber auch eine Ausschlussfrist. Für Sachsen-Anhalt beträgt diese 10 Jahre. Gerechnet ab dem Jahr, als die zulässige Höhe überschritten wurde. Ist diese Zeit vorbei, gibt‘s nur noch den Himmel. Als Limit.
Das musste C erst mal akzeptieren, als er in der Beratung war. In Nachbars Garten standen keine Kirschen sondern eine stolze Thujahecke. 30 m lang. 6 m hoch. 50 cm von der Grenze entfernt. Und da könne man jetzt nichts mehr machen? Doch! Nicht gegen die Höhe. Wohl aber gegen die Breite. Hierfür gilt das Nachbarschaftsgesetz nämlich nicht.
Mit Nachbar N war kein Reden mehr. Also legte ihm der Anwalt die Gegebenheiten dar. Das was über die Grenze hineinragt, ist abzuschneiden. Die neuen Thujen an der Seite sind zu beseitigen. N´s Anwalt konterte. Die ganze Hecke hätte Bestandsschutz. Hier müsse gar nichts gemacht werden. C sei zur Duldung verpflichtet. Und die neuen Thujen wären eine Ersatzanpflanzung. Nach § 41 Nachbarschaftsgesetz dürften diese bis zur Höhe der anderen Thujen heranwachsen. Basta!
In Sachsen-Anhalt ist das Schiedsverfahren vorgeschrieben. Also Antrag an die Schiedsstelle in Querfurt. Im Februar 2023 folgt der Termin. Bzgl. der großen Hecke klärt sich nichts. Bzgl. der neuen Thujen an der Seite aber schon. Der Schutz von § 41 Nachbarschaftsgesetz greift nur für Nachpflanzungen in einer geschlossenen Hecke. Hier wollte N die Hecke aber erweitern. N verpflichtet sich, die neuen Thujen, die viel zu dicht an der Grenze stehen, zu entfernen.
Da sich mit der großen Hecke nichts klären lässt, erfolgt die Klage zum Amtsgericht Merseburg. Geltend gemacht wird der Rückschnitt. Es geht um die in C´s Grundstück eingedrungenen Zweige und Wurzeln. N´s Anwalt meint, dass überhaupt keine Beeinträchtigung vorläge. Er bemüht die Interessen des Naturschutzes und beruft sich wieder auf Bestandsschutz. Die Hecke würde C´s Grundstück auch kein Wasser entziehen noch würden die herabfallenden Blätter den Boden versauern. Nun ja. Wer einen Nachbarn mit einer Thujahecke hat, weiß dies sicher besser. C´s Anwalt fährt selbst zum Grundstück und fertigt Lichtbilder. Die legt er dem Gericht vor. Deutlich zu erkennen ist, dass die Zweige bis zu 1 m auf C´s Grundstück ragen. Und auch das Bundesnaturschutzgesetz hebelt keine zivilrechtlichen Ansprüche aus.
Am 20. März 2024 Verhandlungstermin. Nur die Anwälte sind vor Ort. Das Gericht bestätigt, dass es um einen Anspruch aus dem BGB geht. Der Anspruch auf Rückschnitt der Zweige und Wurzeln ist nicht verjährt. Nun kommt N´s Anwalt mit Hilfserwägungen. N wäre gesundheitlich nicht in bester Verfassung. Er könne das gar nicht realisieren. Darauf kommt es schlicht nicht an. Eigentum verpflichtet. Es wird kurz unterbrochen. C´s Anwalt ruft seinen Mandanten an. Sodann unterbreitet er einen Vorschlag, mit dem auch diesem Argument der Boden entzogen wird. Wie wäre es, wenn C berechtigt wird, die Hecke selbst in der Breite zu schneiden. N verpflichtet sich, dies zu dulden. Und C kann den Rückschnitt jedes Jahr aufs Neue vornehmen. Im Gegenzug wird auf den Rückschnitt der Wurzeln verzichtet. Das Gericht greift den Vorschlag auf. Ein Vergleich wird geschlossen mit Widerrufsfrist für beide Seiten. C hat genau das, was er wollte. Er muss niemanden fragen und nur sich selbst kümmern. Auch N widerruft nicht. Der Vergleich ist zum Az. 7 C 155/23 rechtskräftig.