Schlimmer geht immer – Unterhaltsrecht

Artikel Juli 2024

Wir hatten im November 2023 schon einmal über einen jungen Vater V berichtet. Der sollte nicht nur den Unterhalt für sein Kind zahlen sondern auch für die Kindesmutter M. Dazu verlangte das Jobcenter  J für die Mutter auch noch Sonderbedarf. Dies war grundsätzlich nicht abwegig. Die Ansprüche der M waren auf das J übergegangen. Abwegig war jedoch die Sichtweise des J, dass ein Normalverdiener hierfür uneingeschränkt in der Lage sei. Und zwar ohne weitere Überprüfung.

Die Quittung an das J und seine Anwälte kam damals durch das Amtsgericht Sondershausen als Familiengericht zum Az. 3 F 212/22. Von den Kosten dieser 1. Instanz sollte J 70 % tragen. Also 70 % auch von V´s Kosten.

Die Anwälte des J legten Beschwerde ein. Das ist für sich nicht unüblich. Unüblich war aber die Anweisung der Anwälte an das Oberlandesgericht OLG. Das OLG sollte diese Beschwerde nicht an V und seine Anwältin zuzustellen. Das war schon mehr als fraglich. Es liegt nicht einseitig in der Hand einer Partei, ob die Gegenseite über ein gegen diese geführtes Verfahren informiert wird oder nicht. Manchmal kommt es vor, dass ein Rechtsmittel durch Juristen erst einmal fristwahrend eingelegt werden muss. Z.B. weil der Mandant gerade nicht zu erreichen ist. Dann kann man den Gegenanwalt anrufen und ihn aus Kostengründen bitten, erst einmal noch nichts zu veranlassen. Hier hatten die Anwälte des J die Anwältin von V nicht informiert. Sie meinten, ihre Anweisung an das OLG reiche aus.

Schlimm war, dass sich das OLG hieran auch hielt. V erfuhr nichts vom dort gegen ihn laufenden Verfahren in 2. Instanz. Seine Anwältin beantragte die Erstattung der 70 % Kosten der 1. Instanz beim AG. Dies wurde den Anwälten des J zugestellt. Die erwiderten an das AG, dass der Antrag auszusetzen sei. Man habe für J eine Beschwerde beim OLG eingelegt. Der Ausgang des Verfahrens sei also noch offen. Nun wusste V vom Verfahren in 2. Instanz.

Er hatte ja schon in der 1. Instanz schlechte Erfahrung mit den Anwälten des J gemacht. Diese hatten seine Unterlagen nicht mehr auswerten wollen. Nur um ein für sie günstiges, den V aber ungebührlich belastendes Versäumnisurteil erzielen zu können. V wollte dieses Mal jeglichen Fehler vermeiden und beriet sich mit seiner Anwältin. Es wurde abgewogen, welche Chancen die Gegenseite im Beschwerdeverfahren hat. Er wollte auch im Beschwerdeverfahren lieber anwaltlich vertreten sein.

Nach einem Monat entschieden das J und seine Anwälte die Beschwerde doch lieber zurück zu nehmen. Nun endlich erhielt die Anwältin von V vom OLG eine Mitteilung zum Beschwerdeverfahren. Im Beschluss hieß es, dass das J die Kosten der 2. Instanz zu 100 % zu tragen habe, weil die Beschwerde nun als verloren gilt. Also beantragte seine Anwältin die Kostenerstattung. Nun kam der Aufschrei der Anwälte des J. Die Anwältin von V sei doch gar nicht tätig geworden. Diese hätte keine Beschwerdeschrift erhalten. Eine Kostenerstattung für V sei zu versagen.

Nicht so das für die Kostenerstattung zuständige Amtsgericht. Dies bestätigte eine vollständige Erstattungspflicht. Gebührenrechtlich war der Antrag ohnehin nicht zu beanstanden. Der Einwand, dass ohne formelle Zustellung der Beschwerde keine Kosten erstattet werden können, wurde weggewischt. Bereits das Grundgesetz gebiete in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Waffengleichheit. Einer jeden Gegenseite sei Gehör zu geben zu laufenden Verfahren. Nur so könne sie Einfluss nehmen auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung. (Damit teilte das AG bereits die Vorgehensweise des OLG nicht.) V hatte hinreichend glaubhaft gemacht, was er veranlaßt sah. Und es muss genügen, dass er diesen anwaltlichen Rat in einer für ihn als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich gehalten hatte. Hier verwies das AG auch noch auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 17.12.2002 – X ZB 9/2002. Da die Kosten notwendig waren, waren sie auch voll zu erstatten. Die Kostenentscheidung zum Aktenzeichen 3 UF 281/23 ist rechtskräftig. Irgendwann ist immer Schluss mit lustig.

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