Angebot und Annahme – Arbeitsrecht


August 2024

Wie unterscheidet man das gute vom besseren
Angebot? Lebenserfahrung. Glück. Der richtige Riecher. Irgendwo dazwischen
liegt´s. Nach 1 Jahr Beschäftigung bot die Firma ihr einen Aufstieg an. Mehr
Möglichkeiten. Mehr Geld. Sogar Handlungsvollmacht. H sollte auch andere
Mitarbeiter einstellen und kündigen können. Nach 2 Monaten kam die
Aufforderung, an einer internen Schulung teilzunehmen. Vorbereitungszeit? Ach
das wäre gar kein Problem. Das schaffe sie nebenbei. Und zack war der 1.
Versuch vorbei. Lag das an den Aufgaben? Lag das an ihr? Die Firma drängte.
Beim 2. Versuch war H besser. Es waren aber eben keine 100 % aus Sicht der
Firma. Anhörung. Kündigung. Schluß.

H ging zu einem Anwalt. Völlig richtig. Kurzes
Gespräch. Kündigungsschutzklage. Soll die Firma doch mal tätig werden. Die
Firma fragt nach einem Vergleich. Beim Anwalt. Der Anwalt fragt nicht erst bei
H, was sie will. Er bittet vielmehr die Firma um ein Angebot. Top. Die Firma
ist glücklich. Die Gegenseite bittet um ein Angebot. Und genauso sieht das aus.
Vergütung bis Ende März 2024 und eine Abfindung von 1.700 €. Das schickt der
Anwalt an H. Und die fällt aus allen Wolken. Warum Ende der Beschäftigung? Und
wenn schon, warum mit dieser Abfindung? Was hatte sie denn falsch gemacht?
Irgendwas war hier schiefgelaufen.

Sie ging zur Beratung zu einem anderen Anwalt. Der
nimmt sich Zeit für sie. Am Ende gab es zwar immer noch Fragen. Leitende
Mitarbeiter mit Kündigungsberechtigung haben nicht den gleichen
Kündigungsschutz. Wollte die Firma sie von Anbeginn an nur abservieren? Einen
neuen Job hatte sie im Februar nicht in Aussicht. Warum also jetzt einen
Vergleich schließen? Da hatte der neue Anwalt völlig recht. Jetzt war ein
Vergleich nicht zu ihrem Vorteil. Sie wechselte den Anwalt.

Der macht der Firma Druck. Er widerruft die
Freistellung unter Anrechnung der Urlaubstage. Er verlangt ein Zwischenzeugnis.
Er fordert die Dokumentation des Bonussystems ein. Ende April 2024 Gütetermin
vor dem Arbeitsgericht in Erfurt. Der Saal ist voll. Betriebsräte aus ganz
Deutschland nutzen die Verhandlung als Weiterbildung. Die Firma zeigt sich von
ihrer besten Seite. Man schule seine Mitarbeiter. Das Bestehen der Schulung sei
Voraussetzung für die Handlungsvollmacht. Wer die Prüfung nicht besteht, kann
leider nicht für die Firma arbeiten. Eine personenbedingte Kündigung damit
unumgänglich. Das könne man nicht anders lösen. Was wolle der Anwalt eigentlich
noch? H würde keinesfalls mehr für die Firma weiterarbeiten. Ein gutes Angebot
habe man unterbreitet.

Der Anwalt legt den Finger in die Wunde – wo ist
der Kündigungsgrund? Ende Juni seitenweise Text von der Firma.
Handlungsvollmacht nur mit bestandener Schulung. Das stehe im Vertrag. Nix
stand da! Da stand nur, wie Vollmachten umzusetzen sind. Natürlich hätte man
das Bestehen einer internen Schulung als Vertragsvoraussetzung festschreiben
können. Hatte man aber offenbar vergessen? Oder vielleicht auch gar nicht
gewollt? Wer weiß. H wusste jedenfalls, was sie nun wollte. Das Maximum. Ohne
die Firma. Nun ruft der Anwalt bei der Firma an und macht deutlich, was man
sich hier vorstelle. Bei dieser Sach- und Rechtslage. Vielleicht ist ja bei der
Kammerverhandlung wieder der Saal voll: Volle Vergütung nicht nur bis zum
31.03. sondern bis zum 30.06.2024 bei 10.000 € Abfindung und noch einigen
Extras. Und das waren nicht nur 100 % für H. Bei weitem nicht! Die Firma nimmt
das Angebot trotzdem an. Wenn man die besseren Karten hat, muss man sie nicht
nur ausspielen sondern erst einmal erkennen. Der Vergleich ist zum Az. 2 Ca
203/24 seit dem 29.07.2024 rechtskräftig.

 

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