Planlos – Stromlos – Geldlos – Zivilsachen

Artikel Dezember 2024

„Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.“ Besser geht‘s nicht! Das Urteil vom 2. August 2024 umfasst 21 Seiten. Die Richterin hat sich richtig Mühe gegeben. Der Anwalt aber auch. Und darum ging es:

Auftraggeber A möchte in Thale unter einer Straße eine Gasleitung verlegen. Die Planungen sind abgeschlossen. Mit der Ausführung beauftragt er Firma B. Die beantragt den Schachtschein bei der Stadt. Hat die Stadt Kabel im Baubereich liegen? Die verneint´s. B wendet sich auch an die öffentlichen Versorger für Wasser, Strom, Telefon. Welche Leitungen gibt‘s im Baugebiet? Alle schicken ihre Pläne zu B.

Am 2. Juni 2015 geht‘s los. Und Rums sind bei Firma S die Lichter aus. Und nicht nur die. Alles steht still für die nächsten Stunden. Kabelschaden in 2,5 m Tiefe. Betroffen ist eine 6 kV Mittelspannungsleitung. S fordert Schadenersatz. 4.000 € für die Reparatur und 23.000 € für den Betriebsstillstand. B lässt sich von ihrem Anwalt helfen. Der bestreitet die Schadenaufstellung. Ausfallzeiten sind Betriebsrisiko. Viel wichtiger aber – niemand wusste von der Existenz dieses Kabels. Kein anderer Leitungsbetreiber und auch nicht die Stadt. Dann wird es ruhig. Fast 3 Jahre passiert nichts.

Am 27. Dezember 2018 erhebt der Anwalt von S Klage vor dem Landgericht Magdeburg auf 27.000 €. 4 Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist. Bereits da geht es um 3.500 € allein an Zinsen. S habe die Leitung im Jahr 2011 selbst verlegt. Zur Stromversorgung ihrer Grundstücke beidseits der Straße. Dies habe man 2010 der Stadt Thale angezeigt. B hätte sich vor Ort genauer erkundigen müssen. S sei als großes Unternehmen klar erkennbar. S würde sogar selbst Strom weiterverkaufen. In Thale genauso viel wie die mitnetz AG. Damit sei S auch ein öffentlicher Versorger. Hätte B bei S zu Leitungen nachgefragt, wäre der Schaden nicht entstanden.

Der Anwalt kann es für B anders darlegen. Alle als solches erkennbaren öffentlichen Versorger wurden befragt. Alle hatten Angaben zu ihren Leitungen gemacht. Das Kabel von S war nirgends vermerkt. Alle angegebenen Leitungen wurden in Suchschachtungen vor Ort auch aufgefunden. Es gab keine unklare Situation. Selbst die Stadt wusste nichts von Leitungen in ihrem Straßenbereich. Die Stadt war wohl doch nicht unterrichtet. Andernfalls hätte es eine Dienstbarkeit für dieses Kabel geben müssen. Hier lag wohl ein Schwarzbau vor. Man hatte S durchaus als großes Unternehmen wahrgenommen. Direkt vor diesem befand sich aber auch eine große Trafostation des öffentlichen Versorgers. Es gab überhaupt keine Anzeichen, dass S Strom von der anderen Straßenseite zuleitete. Keinesfalls sei S ein öffentlicher Versorger. S hat Strom in einem Firmenkonstrukt an andere Unternehmen weiterverkauft.

So wogt es hin und her. Nach dem 4. Verhandlungstermin im Februar 2024 setzt das Gericht Tag X als letzte Frist zum Vortrag. Alles was bis zu diesem Tag bei Gericht eingeht, wird berücksichtigt. Wann schreibt man also – natürlich erst am Tag X. Das Gericht liest es und der Gegner kann nicht mehr darauf erwidern. Firma S hatte mehrfach umfirmiert. Auch über die Übertragungsverträge war schon viel gestritten worden. Einen Punkt hatte sich der Anwalt aber aufgehoben. Genau für diesen Moment. Alle Verträge waren von Notaren geschlossen worden. Also richtig geprüft und so. In einem dieser Verträge aufgetreten waren ein Herr X und ein Herr Y. Herr X war ein Geschäftsführer. Herr Y war ein „Sonderbevollmächtigter“.  Hierzu hatte er eine eigene notarielle Urkunde. Nur war er danach nicht allein handlungsberechtigt. Sondern nur „gemeinsam mit dem Prokuristen Herrn“ Z. Den maßgeblichen Vertrag hätten also X, Y und Z unterzeichnen müssen.

Der relevante Notarvertrag war unwirksam. S war damit nicht Rechteinhaber. Und nach Feststellung des Gerichtes auch kein öffentlicher Versorger und ein Betriebsstillstand als reiner Vermögensschaden nicht schutzfähig. Landgericht Magdeburg 11 O 1901/18.

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